Arbeitsrechtliche Verstöße der Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter im Österreichischen Gewerkschaftsbund gegen den Gewerkschaftlichen Linksblock im Gewerkschaftsbund bei den Vereinigten Edelstahlwerken - Standort Mürzzuschlag- Hönigsberg

 

 

 

von Werner Lang, geb. 10. 04 1955 in Hönigsberg

 

 

 

1977 kandidierte ich, Werner Lang, das erste Mal für die Betriebsratswahlen bei den VEW Edelstahlwerken Standort Mürzzuschlag-Hönigsberg für die Fraktion des Gewerkschaftlichen Linksblocks im ÖGB. An diesem Standort waren um diese Zeit zirka 2000 Menschen beschäftigt. Heinz Wimmler und ich waren die einzigen Mitglieder, die auch der Kommunistischen Partei angehörten. Ich wurde erst einige Monate vor den Betriebsratswahlen Mitglied der Kommunistischen Partei.

 

Ich war auf der Kandidatenliste für die Betriebsratswahlen am dritten Platz gereiht. An erster und zweiter Stelle kandidierten Heinz Wimmler und Gerald Schrittwieser. Wir drei haben auch die Unterschriften für die Unterstützungserklärung für unsere Liste – den Gewerkschaftlichen Linksblock – für die Betriebsratswahlen gesammelt. Werner Bauer konnte noch zusätzlich - bei der Suche nach Unterschriften - als Kandidat der Betriebsratswahlen für unsere Liste, den GLB,  gewonnen werden. Er nahm die vierte Stelle auf unserer Wahlliste ein. Heinz Wimmler, der schon Erfahrung mit der Fraktion der Sozialistische Gewerkschafter hatte, wusste, dass wir für die Unterstützungserklärungen einen kleinen Überhang an Unterschriften bräuchten. Er hatte schon  früher die Erfahrung gemacht, dass nach der Einreichung der Unterschriftliste für die Kandidatur des Gewerkschaftlichen Linksblock für die Betriebsratswahlen der Betriebsratsobmann, der der Sozialistischen Fraktion angehörte, einige Kollegen, die für unsere Liste Unterstützungserklärungen unterschrieben haben, zu sich beorderte. Und so war es auch. Einen Tag nach Einreichung unserer Unterstützungsliste für die Betriebsratswahlen wurden ein paar Arbeiter, von denen der Betriebsratsobmann glaubte, sie überreden oder einschüchtern zu können, hintereinander in sein Betriebsratsbüro geholt und er legte ihnen nahe, die Unterschriften für die Kommunisten, wie er sich ausdrückte, zurückzuziehen, denn sonst, so sagte er, kann der Betriebsrat in diesem Werk, und das ist die Sozialistische Fraktion, sie nicht mehr vertreten. Mein Vater, der ein freiwilliger Helfer bei den „Kinderfreunden“ war, wurde von einem freigestellten Betriebsrat von der Sozialistischen Fraktion eingeschüchtert: „Wenn du, Lang Otto“ so sagte er, „deine Verpflichtung als Erziehungsberechtigter nicht nachkommst und ihn nicht abbringst, für die Kommunisten zu kandidieren, werden wir das machen.“ Für die Betriebsratswahlen gab es keinen einheitliche Stimmzettel, auf dem alle wahlwerbenden Gruppen aufgelistet sind, sondern jede Fraktion musste ihren eigenen Stimmzettel für die Betriebsratswahlen unter der Belegschaft verteilen. Im Werksgelände von Hönigsberg, in dem zu dieser Zeit ca. tausend Beschäftigte arbeiteten, war ich der Einzige vom GLB, der im Betrieb in den Jausenräumen unsere Werkszeitung, den „VEW- Arbeiter“ mit den Stimmzettel verteilte. Den „VEW-Arbeiter“ stellte zum größten Teil der Bezirkssekretär des Bezirkes Mürzzuschlag von der Kommunistischen Partei Österreich Richard Zabernig her. Da wir um diese Zeit nicht im Betriebsrat verankert waren, tat ich das nur in meiner Freizeit. Sonst gab es nur die Möglichkeit für den GLB, vor dem Werkstor Zeitungen zu verteilen. Die Wahlsprengel wurden nach Abteilungen aufgesplittert, in denen zirka 50 bis 200 Kollegen beschäftigt waren. Wahrscheinlich bezweckte die Sozialistische Fraktion damit, mehr Möglichkeiten zur Manipulation und Einschüchterung zu bekommen, um die Kontrolle der Stimmabgaben über die Belegschaft für den FSG zu erleichtern. Denn wir vom GLB hatten am Standort Hönigsberg nur zwei Wahlbeisitzer. Ich war im Wahllokal für die Reparaturwerkstätte eingeteilt. Mein zweiter Kollege, den ich einen Monat zuvor für die Kandidatur auf unserer Liste gewinnen konnte, im Wahllokal des Walzwerks 5. Jede Abteilung hatte ihr Wahllokal in ihren eigenen Jausenräumen eingerichtet. Auch wurden gelbe Briefkuverts für die Wahl verwendet, die es dem Urnenbeisitzer, und die waren größtenteils von der Sozialistischen Fraktion, ermöglichten, die Wahlzettel durch das Kuvert hindurch zu lesen. Als ich hinter eine für die Wahlen errichtete Abdeckung ging und meinen Stimmzettel in das Kuvert schob, bemerkte ich, dass man durch die Kuverts hindurch den Stimmzettel lesen konnte. Einige meiner Kollegen erzählten mir, dass in den Wahlsprengeln, wo nur die Sozialistische Fraktion Beisitzer stellten, keine Urnen aufgestellt wurden. Die Wähler legten ihre Stimmzettel gleich zum Auszählen auf den Tisch der Beisitzer. Weil aber zwei von unserer Liste in den Betriebsrat gewählt wurden - Heinz Wimmler und Gerald Schrittwieser -, die beide am Standort Mürzzuschlag arbeiteten, wurde die Betriebsratswahl nicht angefochten. Werner Bauer und ich wurden Ersatzbetriebsräte. Für das dritte Betriebsratsmandat fehlten gerade noch dreißig Stimmen, wurde mir erregt vom Betriebsrat erzählt, der der FSG angehörte und für die Reparaturwerkstätte zuständig war, in der auch ich arbeitete. Warum das für die Sozialistische Fraktion so bedeutend war, denen wir ja zwei Betriebsratssitze weggenommen hatten, erfuhr ich erst später. Die Betriebsräte bekamen in den Abteilungen, für die sie zuständig sind, das höchste Stufengehalt. Die Sozialistische Fraktion hatte das zu einer Zeit, als sie neunzig Prozent der Wahlstimmen erhielt, für sich eingeführt. Ich wusste das vor den Betriebsratswahlen nicht. Ich war 1977 zweiundzwanzig Jahre alt und arbeitete als Betriebsschlosser in der Reparaturwerkstätte im Werk Hönigsberg.

 

Bei den nächsten Betriebsratswahlen 1981 konnte ich schon offiziell in der Funktion als Ersatzbetriebsrat Unterschriften für die Betriebsratswahlen in den einzelnen Abteilungen im Werk Hönigsberg sammeln. Trotz des üblichen Drucks der Sozialistischen Fraktion auf einige Kollegen, die für unsere Liste unterschrieben hatten, die Unterschriften für die Kandidatenliste der Kommunisten, so wie der Betriebsratsobmann unsere GLB –Liste benannte, wieder zurückzuziehen, ahnten wir noch nicht, dass der Betriebsrat von der Sozialistische Fraktion im Betrieb beabsichtigte. 48 Kollegen, die die Kandidatenliste vom Gewerkschaftliche Linksblock und den ÖAAB unterschrieben hatten, einen Tag vor den Betriebsratswahlen nach Kapfenberg zu versetzten. Es sah so aus, als ob irgendwer von der Sozialistischen Fraktion einfach die Namen, die sie für die Versetzungen brauchten, von den Unterstützungslisten des GLB und ÖAAB für die Betriebsratswahlen abgeschrieben hat oder die Betriebsräte der Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter in ihren Abteilungen des Werkes Kollegen aus dieser Liste aussuchten, die ihrer Meinung nach als Erste nach Kapfenberg versetzt werden sollten.

 

Die gesamten Ersatzbetriebsräte, die einer anderen Gewerkschaftsliste angehörten als der FSG – vom GLB Werner Bauer und ich und zwei vom ÖAAB – wurden versetzt. Am selben Tag der Versetzung, das war der 5. Oktober 1981, waren auch die Betriebsratswahlen angesetzt. Das bedeutete, im Werk Mürzzuschlag dürfen wir nicht mehr wählen oder gewählt werden und in Kapfenberg, das 45 Kilometer vom Standort Mürzzuschlag entfernt war, noch nicht. Das galt natürlich auch für die anderen 44 Kollegen, die versetzt wurden. Der Personalchef des VEW-Werks Mürzzuschlag-Hönigsberg war auch Bürgermeister der Stadt Mürzzuschlag. Ehe er Personalchef wurde, war er als Betriebsrat tätig und brachte sonst keine Voraussetzungen für die Funktion für eines Personalchefs mit. Nun zog er diese Versetzungen von 48 Kollegen durch. Die Arbeiterkammer Mürzzuschlag unterstützte rechtlich den Personalchef bei diesen Versetzungen, obwohl sich die Arbeiterkammer Graz gegen diese Versetzungen aussprach und der Meinung war, dass diese Versetzungen - nicht nur jene der Ersatzbetriebsräte - widerrechtlich sind. Ich bekam - als ich gerade von zu Hause weggehen wollte, um die Nachmittagschicht anzutreten – eine Woche vor den neuen Betriebsratswahlen von einem Arbeitskollegen aus der Reparaturwerkstätte, der auch Vertrauensmann bei der Sozialistische Fraktion war, einen Brief in die Hand gedrückt, den ich unterschreiben sollte. Er durfte dafür eine Stunde früher, vom Betriebsratsobmann genehmigt, die Arbeit verlasen. Ich bestätigte den Erhalt des Briefes, in dem stand, dass ich, Werner Lang, nächste Woche am Montag um fünf Uhr in der Früh in Kapfenberg meine Arbeit anzutreten habe. Ich soll mich pünktlich um fünf Uhr in der Früh im Personalbüro im Werk Kapfenberg einfinden. Werner Bauer, der auch den gleichen Brief wie ich bekommen hatte, wurde von seinem Freund, der in Kapfenberg arbeitete, informiert. Er sagte ihm, dass wir zwei für Arbeiten an der Zagelschleifmaschine in Kapfenberg vorgesehen waren. Ich arbeitete diese verbliebene Woche bei meiner Arbeit in der Reparaturwerkstätte in Hönigsberg wie gewohnt weiter. Bei einer Betriebsversammlung drei Tage vor den Betriebsratswahlen informierte ich noch die gesamte Belegschaft, dass ich ein Schreiben von der Arbeiterkammer Graz bekommen habe, in dem steht, dass die Art der Überstellungen, die ohne Einverständnis der Betroffenen erfolgten, vom bestehenden Arbeitsrecht aus betrachtet unzulässig seien. Das hat der oberste Gerichtshof eindeutig ausgesprochen. Diese gesamten Versetzungen sind ein Verstoß gegen das Arbeitsverfassungsgesetz, und jeder einzelne Betroffene kann dagegen vorgehen. Mein Vater, der Sanitäter im Werk Hönigsberg war, erzählte mir, dass bei den Betriebsratswahlen in den einzelnen Wahllokalen im Standort Hönigsberg, soweit er weiß, keine einzige Wahlurne vorhanden war. Er selber legte seinen Stimmzettel auf den Tisch der Wahlhelfer. Ich durfte bei diesen Betriebsratswahlen das Gelände des Werkes nicht mehr betreten. Die Anfechtung der Betriebsratswahlen hatte keinen Sinn mehr, da die Belegschaft vom Werk von der FSG zu sehr eingeschüchtert wurde, und zu diesem Zeitpunkt des Niedergangs der VEW jeder um seinen Arbeitsplatz Angst hatte. Auch hatte der GLB nur mehr einen Kandidaten für die Betriebsratswahlen, da Gerald Schrittwieser von den Betriebsräten des FSG so unter Druck gesetzt wurde, dass er von selber kündigte. Und Kollegen, die wahrscheinlich die Unterstützungserklärung für die Kandidatur des GLB unterschrieben hätten, versetzt oder gekündigt wurden.

 

Am Dienstag den 6.10.1981 erhielt ich einen eingeschriebenen Brief, in dem stand, dass mir mit Schreiben vom 22.9 1981 mitgeteilt wurde, „dass die Vereinigten Edelstahlwerke aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sind, Sie per 5.10 1981 in unser Werk Kapfenberg zu versetzen. In der Personalabteilung wurde Ihnen außerdem zweimal mündlich mitgeteilt, dass wir im Auftrag unseres Firmenvorstandes von dieser Versetzung nicht Abstand nehmen können. Da Sie trotzdem – laut Mitteilung des Werkes Kapfenberg – am 5. Oktober nicht zur Arbeit erschienen sind und auch keine Krankmeldung erfolgte, betrachten wir dieses Verhalten als einen unberechtigten vorzeitigen Austritt ohne wichtigen Grund. Das Dienstverhältnis endet daher mit dem letzten Arbeitstag. Das ist der 2. Oktober 1981“, unterschrieben vom Werksdirektor Dipl. Ing. Kaiserfeld und Personalchef Franz Kotrba. Mein Vater, der auch der Sozialistischen Partei angehörte, fragte bei einem Treffen mit dem Betriebsratsobmann Karl Berger, warum ich versetzt wurde. Die Antwort war, weil dein Sohn Kommunist ist. Der Bürgermeister und Personalchef der VEW Mürzzuschlag-Hönigsberg sagte, ich kenne diesen Lang nicht. Der Rechtsanwalt Dr. Walter Silbermaier von der Kommunistischen Partei Österreich verhandelte danach drei Monate lang mit dem Vorstand des VEW Konzerns und sagte mir danach, dass ich die gegenseitig einvernehmliche Kündigung annehmen soll. „Dir werden die drei Monate Verhandlungszeit als Freistellung in die Arbeitszeit mit einberechnet. Und Du bekommst die Dir zuständige Abfertigung. Die Kündigung erfolgt am 31. Dezember 1981, aber mit dem Zusatz, wenn im Werk Mürzzuschlag, Hönigsberg wieder Schlosser aufgenommen werden, müssen sie Dich als Erster aufnehmen.“ Er sagte noch, dass aufgrund seiner Erfahrung solche Verhandlungen sich drei Jahre hinziehen können, und dann gibt es die VEW als Konzern wahrscheinlich nicht mehr. Er sollte recht behalten.

 

In 13 weiteren Großbetrieben registrierte der GLB um diese Zeit ähnliche Fälle von Gesinnungsdruck. Es handelte sich dabei noch dazu vorwiegend um Betriebe der verstaatlichten Industrie, für die der Bundeskanzler immerhin die direkte Verantwortung trug.

 

 

 

Werner Lang, ihr Buch "Stramm" ist ganz ungewöhnlich und außerordentlich - es hat mich fasziniert, wie Sie die eigenen Arbeitserfahrungen und die negative soziale, kapitalistische Entwicklung in Österreich in Ihren Text integriert haben! Es gibt meines Wissens nichts Vergleichbares in der Literatur der Arbeitswelt. Und die Verbindung mit den tollen
aussagekräftigen Fotos ist eine hervorragende Ergänzung.
Erasmus Schöfer

Das Buch "Stramm" (Geschichte der Industriearbeit) ist im Buchhandel in Wien erhältlich:

Brigitte Salanda, a.punkt € 18,- bis 30.5. ab 31.5 21 Euro)

 

Ab Dienstag 19.05.2020

 

Di–Fr 11–18:30 Uhr, Sa 10–17 Uhr

 

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Fischerstiege 1–7
A–1010 Wien

 

 

 

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mo – fr von 10 – 18 uhr, sa 10 – 15 uhr.
taborstrasse 17A
1020 wien

 

 

 

Libreria Utopia € 18,- bis 30.5. ab 31.5 21 Euro)

 

Ab Mittwoch 20.05.2020

 

Mi–Fr 14–18, Sa 12–16 Uhr

 

Preysinggasse 26 - 28/1

 

U3 Schwenglerstraße, Ausgang Stättermayergasse

 

0660 3913865

 

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Rotes Antiquariat Wien € 18,- bis 30.5. ab 31.5 21 Euro)

 

Ab Dienstag, 19.5.20, zwischen 15 und 19 uhr

 

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Di, Do, Fr 15–19, Sa 11–16 Uhr

 

rote.galerie.wien@gmx.at

 

01 4023762

 

1080 Wien

 

 

 

Lhotzkys Literaturbuffet  € 18,- bis 30.5. ab 31.5 21 Euro)

 

Ab Dienstag 19.05.2020

 

Di-Fr 13:00-18:00 Sa 9-13 Uhr

 

06991 5851668 / 01 2764736

 

Rotensterngasse 2

 

1020 Wien